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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (12.08.2022)

Wien, am 12.08.2022

Ergebnis der VGT-Kampagne gegen Tierversuche an Menschenaffen

1999 endeten die Tierversuche an Menschenaffen in Österreich, 2003-2005 gelang es dem VGT ein Verbot solcher Versuche durchzusetzen, das 2006 in Kraft trat.

Im Jahr 1976 importierte die Firma Immuno erstmals Schimpansen aus einem Labor in den USA, um sich in Österreich eine Zuchtkolonie dieser Tiere zuzulegen. Man wollte Tierversuche zu AIDS und Gelbsucht durchführen, wofür sich Schimpansen zwar infizieren lassen, diese Krankheiten aber nie entwickeln.

In den 1980er Jahren wurden Schimpansen im Auftrag dieser Tierversuchsfirma in Sierra Leone aus der Wildnis gefangen und nach Österreich ins Tierversuchslabor gebracht. Ursprünglich waren die Käfige dieser Tiere wenig größer als die Schimpansen selbst, und zwar 0,7 m x 1,2 m. Später wurden die Käfigdimensionen auf 1,5 m x 1,2 m verdoppelt. Im Jahr 1989 hatte Immuno 53 Schimpansen im Tierversuchslabor, von denen nur 2 nicht in der Wildnis gefangen worden waren. Letzteres bedeutete das Erschießen der erwachsenen Schimpansen einer Gruppe und die Entführung der weniger als 1 Jahr alten Babies. Sehr viele dieser Jungtiere überlebten die Strapazen nicht.

Am 23. Mai 1992 übersiedelten die Schimpansen in das neu gebaute Primatenzentrum in Orth an der Donau. Dort gab es nun 56 Einzelkäfige im fensterlosen Keller mit 4,85 m² Grundfläche, also etwa 2,2 m x 2,2 m. Der Boden der Käfige bestand aus dicken Eisenstangen, damit der Kot nach unten durchfallen kann. Eine Seitenwand der Käfige ließ sich hydraulisch an die gegenüberliegende Wand drücken, sodass die Schimpansen an die Wand gequetscht werden konnten. So wurden ihnen Spritzen verabreicht und es wurde Blut abgenommen, oder sie wurden mit HIV und Hepatitis infiziert.

Der Raum, in dem die Angestellten von Immuno in den Pausen ihren Kaffee einnahmen, war direkt über den Schimpansen. Die Architekt:innen hatten die glorreiche Idee gehabt, den Boden dieses Raums mit Fenstern zu versehen, sodass man auf die Schimpansen in ihren winzigen Zellen hinunter schauen konnte. Immuno war stolz auf die Schimpansenhaltung und hielt sie für vorbildlich. Selbst Schulklassen, die zu Besuch kamen, wurden in diesen Raum geführt, um die Schimpansen unten zu betrachten. Diese wurden dadurch aber regelmäßig in Panik versetzt.

Schimpansen Hials und Rosi gerettet

Hiasl und Rosi wurden in freier Wildbahm im Dschungel von Sierra Leone, Westafrika, im Jahr 1981 geboren. Der Tierhändler Franz Sitter aus Österreich fing die beiden im Alter von ca. 10 Monaten im Auftrag der Immuno ein. Der Preis pro Schimpansenkind war 460.000 Schilling, was mit heutiger Kaufkraft etwa € 55.000 entspricht. Am 29. April 1982 kamen Hiasl und Rosi mit 11 anderen Schimpansenkindern, jeweils einzeln in zugenagelte Kisten verpackt, am Flughafen Schwechat an. Doch am Tag davor war Österreich der CITES Artenschutzvereinbarung beigetreten, weshalb die Schimpansen behördlich beschlagnahmt wurden. Weil niemand mit den Tieren umzugehen wusste, wurden sie am 17. Mai 1982 dem Wiener Tierschutzhaus übergeben, wo sie Tierpfleger Pecher übernahm und in seine Menschenfamilie integrierte.

Doch der Verwaltungsgerichtshof hob am 10. April 1984 die Beschlagnahme auf. Am 20. November 1984 wurden Rosi und Hiasl der Immuno zugesprochen, die sie am 29. November 1984 abzuholen versuchte. Doch 300 Tierschützer:innen und Tierpfleger:innen stellten sich erfolgreich in den Weg und verhinderten die Übergabe. Es folgte eine Reihe von Prozessen, die alle Immuno gewann. Schließlich urteilte der Oberste Gerichtshof am 27. September 1989, dass keine Nothilfe gegen Tierquälerei möglich sei und das Wiener Tierschutzhaus die Schimpansen an Immuno übergeben müsse. Doch die Tierschützer:innen weigerten sich weiterhin, sodass Immuno das Bemühen aufgab, an die Tiere heran zu kommen, um sie ins Tierversuchslabor zu bringen.

Beginn der VGT-Kampagne gegen Tierversuche an Menschenaffen

In den frühen 1990er Jahren protestierte der VGT ab und zu in Orth an der Donau vor dem Primatenzentrum. Auch in der Brunnerstraße in 1230 Wien demonstrierte der VGT, weil Novartis dort Allergieversuche an Affen, allerdings nicht an Schimpansen, durchführte. Tierversuche an Primaten im Allgemeinen, und Tierversuche an den Schimpansen im Speziellen, wurden vom VGT kritisiert. Schimpansen sind mit dem Menschen sehr nahe verwandt und teilen 99 % der Gene. Dem VGT gelang es, Fotos von den Schimpansen in ihren winzigen Käfigen in den Kellern des Tierversuchslabors aufzunehmen, obwohl man beim Betreten des Areals sich völlig nackt ausziehen und durch eine chemische Schleuse gehen musste.

Im Jahr 1999 wurde Immuno von der amerikanischen Firma Baxter übernommen. Diese stellte die Tierversuche an den Schimpansen ein. Von 1976 bis 1999, also in 23 Jahren, hatten diese Versuche keinerlei verwertbares Ergebnis erbracht. Doch Baxter sah sich politisch nicht in der Lage, die Schimpansen zu euthanasieren. In langen Verhandlungen mit dem VGT wurde schließlich beschlossen, die Tiere im Jahr 2002 dem Safaripark Gänserndorf zu übergeben, der mit Geld von Baxter und einer Subvention des Landes großzügige Gehege für die Tiere zu errichten begann.

Status Quo

Die Tierversuche an den Schimpansen in Österreich waren beendet. 46 Schimpansen, davon etwa ein Drittel unheilbar mit Hepatitis oder HIV infiziert, befanden sich im Stadium der Rehabilitation, die vom VGT sehr aktiv begleitet wurde. In Europa wurden zu diesem Zeitpunkt nur noch in den Niederlanden Tierversuche an Menschenaffen durchgeführt.

Großbritannien hatte im Jahr 1997 Tierversuche an Menschenaffen verboten. Neuseeland war 1999 gefolgt. In den Niederlanden hatte die Regierung im Jahr 2002 ein Versuchsverbot beschlossen, allerdings sollten die laufenden Versuchsprojekte an den Tieren im Biomedical Primate Research Centre in Rijswijk bis zu Ende geführt werden dürfen. Das sollte sich bis Oktober 2007 hinziehen. In Schweden war im Jahr 2003 ein Tierversuchsverbot an Menschenaffen erlassen worden. Im selben Jahr wurden derartige Versuche in Australien stark limitiert. Viele Tierversuche an Schimpansen gab es damals aber noch in den USA, in Japan, in China und an verschiedenen Orten in Afrika.

Aktivitäten

Der VGT begann am 17. Juni 2002 mit der Sammlung von Unterschriften für ein Tierversuchsverbot an Menschenaffen. Zu dieser Zeit gab es die sogenannte § 13 Kommission für Tierversuche, die die Regierung beraten sollte. Dem VGT gelang es, das Verbot in dieser Kommission zum Thema zu machen. Der VGT durfte sogar Expert:innen nominieren, die für das Verbot eintraten. Am 17. Juni 2003 fand die Sitzung statt. Der Experte der Regierung, der gegen das Verbot argumentieren sollte, hielt sich auffallend zurück. Tierschutz war zwar noch Landessache, doch Tierversuche bereits Bundessache mit einem eigenen Gesetz. Deshalb richtete das Parlament im Jahr 2004 einen Ausschuss zu diesem Thema ein. Die Tierversuchslobby argumentierte, dass es keine Verbote für Tierversuche geben solle, sondern dass es dem Gewissen der einzelnen Tierexperimentator:innen überlassen bleiben möge, ob sie solche Experimente machen oder nicht. Die Grünen brachten im Ausschuss einen Antrag für ein Verbot ein.

Nach monatelangem Tauziehen wurde schließlich im Ausschuss einstimmig der Beschluss gefasst, die ÖVP-Wissenschaftsministerin Elisabeth Gehrer zu bitten, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage für eine Novelle des Tierversuchsgesetzes mit einem Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen vorzulegen. Am 10. Dezember 2004 stimmte das Parlament einstimmig diesem Entschließungsantrag zu. Doch die Regierungsvorlage von Frühjahr 2005 sah nur vor, dass die Großen Menschenaffen vor Tierversuchen geschützt werden würden, der Entschließungsantrag sprach aber von allen Menschenaffen, also auch den kleinen Menschenaffen, nämlich den 8 Gibbonarten. Der VGT konnte mit Hilfe eines Experten intervenieren und der SPÖ-Tierschutzsprecher Jan Krainer setzte sich durch: die Gibbons wurden inkludiert.

Ergebnis der VGT-Kampagne gegen Tierversuche an Menschenaffen

Am 7. Dezember 2005 beschloss das Parlament einstimmig das Tierversuchsverbot an Menschenaffen, am 21. Dezember 2005 stimmte der Bundesrat zu. Am 1. Jänner 2006 trat das Verbot in Kraft:

Tierversuche an allen Arten und Unterarten der Schimpansen, Bonobos und Gorillas, sowie an allen Arten und Unterarten der Familien Orang Utans und Gibbons sind verboten.

Österreich ist damit bis heute das einzige Land der Welt mit einem absoluten Tierversuchsverbot an Gibbons. Das ist sogar im englischen Wikipedia explizit vermerkt.

Andere Länder schließen sich an

In den Niederlanden begann die Rehabilitation der über 100 Versuchsschimpansen im September 2006 und war bis Oktober 2007 abgeschlossen. Dann trat das Verbot in Kraft.

Japan beschloss im Jahr 2006 seine Tierversuche an Schimpansen zu beenden. Bis 2011 wurden die Tiere alle in Lebenshöfen untergebracht.

Spanien und Belgien haben im Jahr 2008 Verbote für Tierversuche an Menschenaffen gesetzlich verankert.

In der EU sind solche Versuche seit 2013 sehr stark eingeschränkt, d.h. nur zur Arterhaltung oder im Falle einer ernsthaften Pandemie, die die Menschheit bedroht, erlaubt.

Rehabilitation der Immuno-Schimpansen

Zwar hatte der Safaripark in Gänserndorf, NÖ, die Schimpansen aus dem Immuno-Tierversuchslabor von Baxter im Jahr 2002 übernommen und begonnen, Gehege zu bauen, doch ging er vor Fertigstellung in Konkurs. Der VGT bemühte sich vergeblich, einen Ersatz zu finden. Die Schimpansen mussten viele Jahre in den halbfertigen Innenräumen verbringen, Außengehege gab es keine. Bei den infizierten Tieren war die Situation noch schlimmer, dort musste abwechselnd immer ein Schimpanse für einen Tag in einen winzigen Käfig, weil sonst kein Platz war.

Schließlich erklärte sich das Gut Aiderbichl im Jahr 2009 bereit, die Schimpansen in Gänserndorf zu übernehmen und die Gehege fertig zu bauen. Im Jahr 2010 war es dann soweit: die Schimpansen, die noch nie im Freien gewesen waren, konnten erstmals ihre großen Außengehege betreten!

Der Menschenaffenrechtsprozess des VGT

Hiasl und Rosi waren von der Firma Baxter im Jahr 2002 offiziell dem Wiener Tierschutzhaus geschenkt worden. Allerdings ging dieses im Jahr 2007 in Konkurs und die beiden Schimpansen wurden zu einem Teil der Konkursmasse. Deshalb brachte der VGT am 6. Februar 2007 im Bezirksgericht Mödling einen Antrag auf Besachwalterung für den Schimpansen Hiasl ein. Er wäre dadurch als Person anerkannt worden. Die Folgen wären gewesen, dass er aus der Konkursmasse heraus käme, dass man ihm persönlich spenden könnte, sodass er sich sein Gehege selbst kaufen kann, dass er eine Delogierung gerichtlich bekämpfen könnte, dass er nicht mehr gekauft werden könnte, um im Ausland in ein Tierversuchslabor oder in einen Zirkus zu kommen, und dass in seinem Namen gegen die Republik Österreich oder die Firma Immuno eine Schadenersatzklage eingebracht werden könnte, weil er ja als Baby entführt worden war.

Am 9. Mai 2007 wurde die Besachwalterung abgelehnt, obwohl der VGT 4 hochkarätige Gutachten vorgelegt hatte: zwei juristische Gutachten, die argumentierten, dass man das ABGB auch so interpretieren könnte, dass ein Schimpanse eine Person sein kann, sowie ein Biologisches über die kognitive Nähe von Schimpansen zum Menschen, und ein Anthropologisches, dass der Schimpanse zur Gattung Homo gehören müsste, also zur Gattung Mensch.

Am 22. Mai 2007 wurde gegen dieses Urteil beim Landesgericht Wr. Neustadt Rekurs erhoben und im September 2007 beim Höchstgericht. Doch sowohl das Landesgericht als auch der Oberste Gerichtshof lehnten den Antrag ab. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah sich nicht zuständig. Alle Gerichte argumentierten, dass die Antragsteller:innen keine Legitimation für ihren Antrag hätten. Kein Gericht urteilte aber, dass ein Schimpanse keine Person im juristischen Sinn sein kann.

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